Buchtipp: Was gibt es Neues beim Storytelling? Gibt es was Neues?

21. Februar 2017
Fast möchte man selbst als eine, die mitten in der Branche sitzt, wegschauen, wenn schon wieder dieses Wort auftaucht: Storytelling. Es wäre jedoch schade, wenn man diesem neuen Fachbuch keine Beachtung schenken würde.

„Die Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit.“ So weit Michael Ende im letzten Jahrtausend, und soweit ist das auch faktisch seit sehr, sehr langer Zeit bekannt. Dass unser Gehirn für Geschichten gemacht ist, können wir bei Branchenkennern mittlerweile ebenso als bekannt voraussetzen wie den grundsätzlichen Bauplan einer funktionierenden Story, hat das doch schon Aristoteles gelehrt. Ein nicht geringer Teil des Buchs widmet sich auch diesen Grundlagen, was es auch für Einsteiger/innen brauchbar macht. Dennoch gelingt es dem neuen Hanser-Buch Storytelling. Digital. Multimedia. Social mithilfe von zahlreichen Expertentexten, das Thema durch viele neue Sichtweisen wieder spannend zu machen und die Tatsache, dass sich die Plattformen, vor allem die digitalen, auf denen Geschichten erzählt werden (wollen), permanent vergrößert, wirft für Praktiker/innen dann doch immer wieder neue Fragen auf.

Praktisch – der Geschichtenbausatz

Das Fachbuch ist ein Praxisbuch und deshalb auch für alle, die in der Branche Geschichten erzählen, nicht nur geeignet, sondern auch sehr praktikabel und ob zahlreicher Beispiele auch interessant und kurzweilig zu lesen. Dazu liefern elf Expertinnen und Experten aus Agenturen und Firmen ihre Sicht und ihren Erfahrungsschatz zum Thema Storytelling. Als unverzichtbares Instrument sowohl in der Unternehmenskommunikation als auch im Marketing und Vertrieb ist es nicht nur so alt wie die Menschheit selbst, sondern bringt durch die zahlreichen Möglichkeiten moderner Medien immer wieder neue Herausforderungen. Die Best-Practice-Beispiele in diesem Buch erläutern Wege, die funktionieren. Ob diese dann einen „Bauplan“ auch für die eigenen Aufgaben und Ziele darstellen, muss im Detail geprüft werden. Ein riesiger Koffer voller Bausteine steht mit diesem Buch jedoch garantiert vor uns. Und dieser Koffer wird noch dazu laufend noch voller bepackt: Da sich die Werkzeuge in den Medien auch ständig erweitern, wird auf der Website zum Buch immer wieder aktualisiert und verändert.

WARUM eigentlich? Das berührt uns wirklich.

Das Wie des Storytelling ist also in der Grundausformung bekannt, die zahlreichen verschiedenen Möglichkeiten, die heute dafür zur Verfügung stehen, bringen wieder so richtig Bewegung in das Thema. Alle, die von ihrer Firma und/oder ihren Produkten erzählen wollen, starten meist mit den Fakten zur Frage „Was ist mein Angebot?“. Der amerikanische Autor und Hochschullehrer Simon Sinek hat aber als Grundstruktur zur Entwicklung einer Marke den „goldenen Kreis“ entwickelt, worin er das Warum als Start hervorhebt: „Start with the why.“ (s. S. 17 f). Mit dem Warum führt man sofort in die Tiefe, weil die Frage „Warum gibt es meine Firma/meinen Service/meine Dienstleistung“ sofort zur Motivation überleitet und ganz grandiose Geschichten an die Oberfläche zu spülen vermag. Es geht bei der Beantwortung nicht nur um Ideale, Glaubenssätze, Mission, Ziele, Überzeugungen und weitere ähnlich persönliche Dinge, sondern meist stehen tatsächlich auch ganz persönliche Geschichten dahinter. Wir alle lieben die Ärztin, die schon als Kind ihren kranken kleinen Bruder pflegte und hassen den Lehrer, der wegen der ausgedehnten Urlaubszeit seine Berufswahl traf und nicht, weil er als liebevoller Pädagoge die Welt zu einem besseren Ort machen möchte. Ist es nicht so? Perfekt, wenn Ihre Antwort auf die Frage „Warum?“ wirklich berührt und in Ihrer Vita verankert ist. Wenn dieser Lehrer als Motivation für seine Berufswahl den Urlaub nennt und im gleichen Atemzug hervorhebt, dass er als Vater möglichst viel Zeit für seine Kinder haben möchte, gewinnt er wieder unsere volle Aufmerksamkeit – und Achtung. Warum? Weil Menschen nicht einer Person oder einem Produkt folgen, sondern einer Wertvorstellung. (s. S. 19)

WAS darf es sein? Die Urthemen interessieren alle.

Doch dieses oben genannte Beispiel ist fast nur eine Fußnote in dem inspirierenden Fachbuch, das für viele Branchenkenner neue Erkenntnisse und unterschiedliche Zugänge zum Thema auf Lager hat. Wie der Hinweis, dass Geschichten, die auf bekannte Erzählmuster zurückgehen, für uns am eingängigsten sind und uns garantiert berühren und interessieren. Unser Gehirn mag das, was wir schon kennen (bitte gerne in Variationen), deshalb sind Archetypen wichtige Elemente beim Storytelling. Urthemen sind uns allen geläufig. Jede/r von uns hat mit den folgenden Themen im Laufe des Lebens Bekanntschaft gemacht:

  • Leben & Tod
  • Gut & Böse
  • Ankunft & Abschied
  • Liebe & Hass
  • Geborgenheit & Furcht
  • Wahrheit & Lüge
  • Stärke & Schwäche

… und da gibt es noch mehr davon. Archetypen „menscheln“ (s. S. 83) und beschäftigen uns überall auf der Welt. Egal, welcher Religion, Gesellschaftsschicht und Nationalität man angehört, diese Themen haben das Zeug dazu, uns zu faszinieren und zu „packen“.

WIE bitte? Ohne Bild geht’s nicht.

Eine gute Story sollte ja grundsätzlich alle unsere Sinne ansprechen. Da aber unser Seh-Sinn aber dermaßen unser Leben dominiert, weil unser Gehirn visuelle Infos 60.000 Mal schneller als reinen Text verarbeitet (!), bekommt die Bedeutung der Bildwelten im Buch einen sehr exklusiven Platz. Bilder sind also ganz wesentlich für unser Ansinnen, eine Botschaft zu verbreiten. Wie man nun die eigenen Botschaften in Bildwelten packt und wie man mit der richtigen Bildsprache umzugehen hat, wird im Buch anhand zahlreicher Beispiele ebenfalls sehr gut erläutert.

Die unterschiedlichen Erzählweisen in Social Media bekommen ebenso viel Raum in diesem Fachbuch und runden den Inhalt sehr gut ab.

Alles in allem lohnt sich die Lektüre auf jeden Fall, auch wenn manche Leser/innen sicher das erste (Grundlagen-)Drittel überblättern und als bekannt abhaken werden und können.

 

CLAUDIA RIEF-TAUCHER

storytelling LESETIPP:

Pia Kleine Wieskamp (Hrsg.): Storytelling. Digital. Multimedial. Social. 

Hanser Fachbuch 2016

story-baukasten.de

 

 

 

 

Beitragsbild: geralt/Pixabay


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