Panik! Haben wir genug zu erzählen?
So manche geraten in Panik, wenn es darum geht, in ihrer Firma das Thema Content Marketing in den Fokus zu stellen. Dann lautet die bange Frage: Ja, haben wir denn überhaupt genug zu erzählen? Gibt unser Unternehmen ausreichend Content her? Eine Ist-Analyse wird Sie in diesem Fall überraschen. Und wichtige Fragen aufwerfen …
Egal, ob Versicherungs-, Bestattungs- oder Handwerksunternehmen: Wenn Sie mit und für Menschen arbeiten, dann gibt es immer genug Geschichten zu erzählen und immer ausreichend Content, der es wert ist, veröffentlicht und verbreitet zu werden. Oft kann das genaue Gegenteil ein Problem werden: Es gibt so viel Content, dass er plan- und ziellos gestreut wird (Hauptsache viel) und dann nicht selten Menschen am falschen Ort erwischt (Hauptsache alle und überall). Dass man sich damit nicht nur keine Freunde macht, sondern auch gehörig nerven kann, erläutern unter anderen Klaus Eck und Doris Eichmeier in ihrem Buch Die Content-Revolution im Unternehmen und raten daher erst einmal zur Ist-Analyse, denn die deckt auf, was bereits an Inhalten da ist. Mit dieser Grundlage kann man bestens weiter arbeiten. Dafür zitieren die beiden Autoren äußerst treffend Rebecca Lieb (Die Content-Revolution im Unternehmen, S. 62):
„You can’t know where you’re going if you don’t know where you are.“
Also auf in die Bestandsanalyse – und machen Sie sich auf ein paar Überraschungen gefasst. Wichtig ist, dass auf nichts vergessen wird, deshalb dürfen wir Sie mit ein paar Beispielen daran erinnern, was alles zum Content Ihres Unternehmens dazugehört:
- Website
- Blog
- Social Media (Facebook, Twitter, Google+, Xing/LinkedIn, Instagram …)
- Newsletter
- App
- Geschäftsbericht
- Werbekampagnen
- Broschüre
- Call-Center-Infos
- Pressemitteilungen
- Bücher, Buchbeiträge
- Kundenzeitschrift
- Vorträge
- Corporate Video
- White Paper
- Verpackungen
- Gebrauchsanweisungen
- Intranet
- Mitarbeiterzeitung
- Stellenausschreibungen
- …
(vgl. Eck/Eichmeier: Die Content-Revolution im Unternehmen, S. 95)
Noch immer in Panik? Hier wird erst bewusst, über wie viele verschiedene Content-Formate und Medien Sie von Ihrem Unternehmen „erzählen“. Und dies dürfen und sollen Sie durchaus genauso betrachten: Jeder einzelne Punkt der obigen Liste transportiert Inhalte über die Firma, trifft direkt oder indirekt Aussagen zu ihren Produkten, sagt etwas über die Kompetenz der Mitarbeiter/innen aus und bildet ein Image, das in den Köpfen der Menschen lebt. Doch wird auch treffend, authentisch und erfolgreich kommuniziert? Wird jede einzelne Info an den Mann und die Frau gebracht oder ist es vielmehr so, dass viel Arbeit zu verpuffen scheint, weil man nach einer Messe die liebevoll drapierten Broschüren im Mülleimer wiederfindet?
Listen, Listen, Listen
Doch machen Sie sich erst mal auf eine umfangreiche Arbeit gefasst und erstellen Sie eine Content-Liste, in der auch festgehalten wird, wie oft dieser Content aktualisiert wird, wer ihn beauftragt und/oder erstellt. Aber momentan noch ohne jegliche Bewertung (das wäre ein nächster Schritt). Wenn dieser Kraftakt gelungen ist, werden die sogenannten Touchpoints gelistet: Wo tauchen die Inhalte auf? Und in weiterer Folge: Wer ist damit konfrontiert – und welche Erkenntnisse lassen sich bereits aus diesen Querverbindungen ziehen?
Die Touchpoints
- Website
- Events
- Schulungen
- Messen, Kongresse
- Print- und Online-Medien
- Social Media
- Briefe
- Verpackung
- …
Als nächster Schritt ist aufzulisten, welche Inhalte an den verschiedenen Touchpoints veröffentlicht werden. Das Ergebnis kann ein Eye-Opener sein – zum Beispiel, wenn Ihnen klar wird, dass manche Inhalte an zu vielen Touchpoints in gleicher Form auftauchen! Wenn dann immer wieder die gleichen Menschen damit zu tun haben, dann wirkt das lieblos. Content, der zu oft fast identisch auftaucht, ist ein No-go, Dopplungen sollte man tunlichst vermeiden und hier viel kundenorientierter vorgehen. Doch was heißt das?
Vom Langweilen zum Nerven
Erstens muss der Inhalt immer der jeweiligen Form angepasst werden. Kundinnen und Kunden wollen nicht den gleichen Wortlaut im Facebook-Posting lesen wie im Kundenmagazin. Der Schritt vom Langweilen zum Nerven ist ein kleiner! Allerdings erwarten die Verbraucher/innen online und offline die gleiche Informationsqualität – und hier liegt der wesentliche Unterschied. Der Content muss angepasst sein, ist auf der Website ausführlicher als im Infofolder, aber die wichtigsten Fragen der Zielgruppe müssen beantwortet sein. Hier wie da.
Jetzt reiß ichs auf!
Bleiben wir beim schönen Wort Inhalt und betrachten wir als Beispiel den Touchpoint Verpackung: Ein (vielleicht Neu-)Kunde öffnet erwartungsvoll den Karton mit dem bestellten Produkt aus Ihrer Firma. Gut 70 Prozent bekommen: das Produkt und dann meist noch die Gebrauchsanweisung dazu. Nur 30 % der Händler nutzen die Verpackung für weitere Informationen (vgl. Eck/Eichmeier: Die Content-Revolution im Unternehmen, S. 67). Sie können sicher sein, dass sich jede/r nicht nur über das Produkt an sich freut, dass soeben angekommen ist, sondern auch über ein paar hinzugefügte freundliche Zeilen in einem Begleitbrief erfreut sein wird. Wahrscheinlich kennen auch Sie Firmen, die bei einer umfangreichen Bestellung als kleines Dankeschön eine Gratis-Produktprobe ins Paket legen. Durch diese netten Gesten, die nicht allzu viel zusätzlichen Aufwand bedeuten sollten, spielen Sie sich mit Leichtigkeit ins Herz Ihrer Kundinnen und Kunden.
Es lohnt sich also darüber nachzudenken, wo welcher Content gewünscht wird, und wo welcher Content eine positive Wirkung entfalten kann, Kundinnen und Kunden überraschen und erfreuen kann. Schön, wenn Sie sich mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern darüber Gedanken machen, aber vergessen Sie nicht: Vieles davon ist reine Spekulation, und am besten ist es, nicht zu raten, sondern direkt zu fragen! (vgl. Eck/Eichmeier: Die Content-Revolution im Unternehmen, S. 73). Schon wieder Arbeit!? Definitiv!
Schimpfen beim Usability-Test
Eine herausragende Rolle spielt punkto Content immer die Website, Eck und Eichmeier nennen sie sogar „das Herz aller Bemühungen“, weil sie oft das Zentrum aller Content-Angebote darstellt. Deshalb wollen wir kurz als Beispiel für Kundenbefragung auf Usability-Tests bei der Website eingehen. Aufschlussreich ist hier nicht nur das Computer-Protokoll der Testperson (die mit einem Fragen- bzw. Aufgabenkatalog ausgestattet wurde), sondern auch die Reaktionen der Person. Sehr gut ist, wenn sie während des Surfens die eigenen Gedanken ausspricht. Ein/e Beobachter/in notiert all diese Aussagen – bis zum bitteren Ende, nämlich bis zu dem Moment, in dem die Testperson zu schimpfen beginnt – weil irgendwas nicht funktioniert, zu lange dauert, weil das Ziel erst auf Umwegen erreicht werden kann oder warum auch immer.
Sie sehen: Aus der Ist-Analyse ergeben sich bereits viele wichtige Antworten – aber auch weitere ganz wesentliche Fragen, die bearbeitet und beantwortet werden müssen. Sich damit ernsthaft auseinanderzusetzen sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen, denn jeder einzelne Content-Schnipsel ist eine Visitenkarte für Ihr Unternehmen genauso wie jeder einzelne Touchpoint, der mit ausgesuchtem Content ausgestattet werden soll. Verabschieden Sie sich also von der Panik, nicht genug Inhalte zur Verfügung stellen zu können und blicken Sie der Tatsache ins Auge, dass es vielmehr darum geht, die zahlreichen Inhalte sinnvoll einzusetzen, denn:
„Jeder wirkungslose Content ist in Zeiten der Informationsüberreizung zu viel und kann sich sogar negativ auf Ihre Reputation auswirken.“
(Eck/Eichmeier: Die Content-Revolution im Unternehmen, S. 58)
CLAUDIA RIEF-TAUCHER
ERLESEN:
Ist-Soll-Analyse: So erforschen Sie Ihr Content-Potential. In: Klaus Eck/ Doris Eichmeier: Die Content-Revolution im Unternehmen. Neue Perspektiven durch Content-Marketing und -Strategie. Verlag Haufe. S. 57-101
Fotos: ptnphoto/Shutterstock, Elisanth/Shutterstock
Google+ Comments
Powered by Google+ Comments