Medienskepsis – wer glaubt noch, was in der Zeitung steht?
Können wir Medien noch vertrauen? Angesichts der wachsenden Medienskepsis in der Bevölkerung untersuchte die Universität Hohenheim in einer Studie, wie es um das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer steht. Das Ergebnis: erschütternd, aber nicht hoffnungslos.
Kleine Gruppen, große Wirkung
Derzeit findet man im Internet massenweise Kommentare, die journalistische Medien scharf kritisieren. Ein kurzer Streifzug durch die Online-Plattformen diverser traditioneller Medien zeigt schwere Anschuldigungen und Anfeindungen gegenüber Journalistinnen und Journalisten. Auch auf Social-Media-Plattformen hagelt es Kritik – vom Vorwurf der voreingenommenen Berichterstattung bis zu aufgepeitschten „Lügenpresse”-Chorälen.
Diese Medienkritik scheint für viele Kommentatoren ein Zeichen für eine allgemeine Vertrauenskrise des Journalismus zu sein. Die deutschen Forscher fanden jedoch heraus, dass vehemente Medienkritik nicht unbedingt auf ein generell gesunkenes Vertrauen in journalistische Medien hinweist. Es scheint vielmehr, dass besonders kritische User das Internet verstärkt nutzen, um ihrem Ärger auf eine öffentliche Weise Luft zu machen.
Nur ein Bruchteil der User hinterlässt überhaupt Kommentare. Die starken Sprüche entstammen einer kleinen Gruppe – tendenziell älter, eher männlich und überdurchschnittlich an aktuellen Ereignissen interessiert. Die geposteten Inhalte unterscheiden sich entsprechend stark von der Haltung der Durchschnittsbevölkerung.
Doch ist das allein noch kein Grund zum Aufatmen: die Forscher stellten auch fest, dass überdurchschnittlich kritische Postings in den sozialen Netzwerken eine Auswirkung auf die Stimmung im Rest der Bevölkerung haben.
Teufelskreis Medienskepsis
Menschen bevorzugen allgemein Medien, die mit der eigenen Meinung konform gehen. An sich nichts neues, doch die Vielfalt und der Zugang zu Informationsquellen haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. Abseits des journalistischen Mainstreams finden sich dazu im Internet allerhand alternative Quellen und Realitäts-Darstellungen.
Dieses individuelle Nutzungsverhalten werde im Netz noch unterstützt. Heikel werde es laut den Wissenschaftlern, wenn die Nutzer Unterschiede bei der Darstellung der Themen auf unterschiedlichen Plattformen bemerken. Diese Diskrepanz erschüttert bei einigen das Vertrauen in die Integrität der Quelle.
Diese Faktoren können einen Teufelskreis aus Skepsis in Gang setzen: „Am Anfang steht häufig eine Unzufriedenheit mit der Berichterstattung über ein Thema. Die Leute suchen dann aktiv nach alternativen Darstellungen, die im Internet immer zu finden sind. Es gibt einen Riss im Vertrauen, weitere Recherche, ein Spiralprozess kommt in Gang“, erläutert der wissenschaftliche Mitarbeiter Fabian Prochazka.
Ein Hoffnungsschimmer
Hoffnung gibt es dennoch: laut den Forschern ließe sich der Teufelskreis aus Misstrauen durch bessere Berichterstattung ins positive umkehren. Aber nur, wenn Medienproduzenten auf Kritik eingehen und ihren Teil dazu beitragen: „Um das Vertrauen zu stärken, müssen Medien transparent machen, wie sie arbeiten, Journalisten müssen erklären, wie sie recherchieren. Aufklärung in eigener Sache ist ganz elementar“, empfiehlt Prof. Dr. Schweiger.
Einen weiteren Grund zur Hoffnung gibt die Erkenntnis der Studie, dass sich das allgemeine Vertrauen in Medien durschnittlich in den letzten Jahren nicht verändert hat. Stattdessen hat eine Polarisierung stattgefunden. Extrem skeptische Gruppen wurden lauter und wurden deshalb stärker wahrgenommen.
Abschließend sehen die Forscher die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser in der Pflicht, im Kampf um das Vertrauen des Publikums eine Vorreiterrolle einzunehmen. Mehr Transparenz ist gefragt, aber auch auf der Content-Ebene gibt es Chancen. Laut der Studie sind qualitativ hochwertige Inhalte sind ein wesentlicher Faktor in der Vertrauensbildung.
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Beitragsbild: Pexels/Connor Danylenko
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