Kommunizieren trotz Fake News? Peter Filzmaier im Gespräch, Teil 2
Peter Filzmaier analysiert seit vielen Jahren die Entwicklungen in der Politik. In Teil 2 unserer Mini-Reihe verrät er Fresh Content alles zum Thema Glaubwürdigkeit in der Kommunikation.
„Never lie“ ist Peter Filzmaiers eindringlicher Appell an alle Politikerinnen und Politiker. Der Grund: Auf zu kurzfristigen Nutzen folgt langfristig ein Fiasko. Da stellt sich jedoch die Frage, wie es hier mit Produktversprechen von Unternehmen aussieht? Erwarten Kundinnen und Kunden wirklich die nackte Wahrheit?
Filzmaier beruft sich in dieser Frage auf den Unterschied zwischen niemals lügen und nicht jedem ungefragt die nackte Wahrheit zu erzählen. Genau das sei der springende Punkt. Zwar wird wohl kein Unternehmer seiner Kundschaft extra einen Folder mit einer Liste jener Dinge zusenden, die in der Firma jemals schiefgelaufen sind. „Das wäre nicht Ehrlichkeit, sondern Dummheit,“ so Filzmaier.
Doch speziell in der Krisenkommunikation gilt der Grundsatz, wirklich nie zu lügen, mahnt Filzmaier. Sämtliche Kundinnen und Kunden wie auch die Presse könne man vielleicht einmal anlügen und kommt damit durch. Betonung auf „vielleicht“. Auf diesen einmaligen Erfolg sollte man aber keinesfalls weitere Schwindeleien folgen lassen.
Dauerhaft auf Lügen zu bauen sei töricht: „Wer glaubt, alle Kundschaften und Medien immer und ewig erfolgreich hinter das Licht führen zu können, ist sowohl unseriös als auch selber ein Idiot.“ Filzmaier spricht dabei eine immer noch offene Wunde an: Die Autoindustrie wäre gewiss bereit, ein Vermögen dafür zahlen, wenn sie das Rad der Zeit zurückdrehen und im Abgas-Skandal früher die Wahrheit sagen könnte.
Lieber Fehler als Fake News
Nicht nur die Autoindustrie tut sich momentan schwer, Vertrauen wieder aufzubauen. Auch die Medien haben mit Skandalen wie bei Der Spiegel zu kämpfen, die sich stark auf die Einstellung der Leserschaft gegenüber den klassischen Medien auswirken. Filzmaier wünscht sich angesichts dessen „mehr Wissen über Medien“. Doch selbst bei kritischem Hinterfragen des Medienkonsums bleibt ein gewisses Restrisiko, einem Fehler oder einer Täuschung aufzusitzen. Da stellt sich die Frage, welchen Medienunternehmen Sie ihr Vertrauen schenken bzw. in welche mediale Plattformen sie investieren sollen.
Mit Investitionstipps kann – und will – Filzmaier nicht aufwarten, kommt es doch zu stark auf das jeweilige Unternehmen und Produkt sowie dessen Zielgruppen an: „Kein Medium hat für alles die gleiche Glaubwürdigkeit. Warum sollte ein Sportjournal für politische Inhalte besonders glaubwürdig sein und ein Politikmagazin für Fußballberichte?“
Eine pauschale Antwort kann er aber trotzdem geben: „Schenken Sie Ihr Vertrauen allen Medien, wo echte journalistische Arbeit geleistet wird!“ Zwar ist man nirgends vor Fehlern gefeit, doch sieht Filzmaier etwa die Aufarbeitung der Spiegel-Affäre mit 24 Sonderseiten im nächsten Heft das beste Beispiel, dass das Kontrollsystem funktioniert. Über Pseudonachrichten, die ohne Journalisten und von Propagandisten im Internet verfasst wurden, wird hingegen bestenfalls der Mantel des Schweigens gebreitet, wenn Fake News aufgedeckt werden. Oder es werden die Falschnachrichten noch verstärkt oder die nächste Fehlmeldung zur Ablenkung nachgeschoben.
Medien neu vs. klassisch – wer ist glaubwürdiger?
Heißt das also, dass die sogenannten klassischen Medien für die potenzielle Kundschaft also trotz allem glaubwürdiger sind als Facebook, Twitter und Co.? Ja, und Filzmaier kann das auch mit Studien belegen. 2017 untersuchte sein Institut für Strategieanalysen (ISA) in der Studie Digitalmonitor die Nationalratswahl.
Zwar hat die Informationsmenge auf sozialen Medien zugenommen, doch zweifeln immer noch vier Fünftel der Befragten an der Richtigkeit und Qualität solcher Nachrichten. Traditionelle Medien schneiden hier bis zu drei Mal besser ab. Dasselbe gilt für die Kategorien Vielfalt, Ausgewogenheit und Verständlichkeit von Informationen. Einzig bei der Schnelligkeit schätzt eine Mehrheit Facebook, Twitter und Co besser ein.
Eines aber sollte laut Filzmaier jeder und jedem zu denken geben: „Der Großteil von uns sieht Fake News als Problem. Über 80 Prozent meinen trotzdem, dass sie solche Nachrichten erkennen können.“ Da stellt sich für Filzmaier doch die Frage, ob der Glaube, dass immer nur die Anderen darauf hereinfallen, nicht auch ein Irrglaube sein könnte …
Peter Filzmaier verrät in Teil 3, welche Rolle Glaubwürdigkeit im Kommunikationsprozess spielt und wie Unternehmen das Vertrauen ihrer Kundschaft nicht verlieren.
Peter Filzmaier live:
Wer ihn live sehen will, sollte sich schnell noch ein Ticket für den Fresh Content Congress 2019 sichern:
WANN: 9. Mai 2019
WO: Congress Graz
Info & Kontakt
Peter Filzmaier ist Professor für Politische Kommunikation an der Karl Franzens-Universität Graz und der Donau-Universität Krems sowie geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Strategieanalysen (ISA) in Wien.
strategieanalysen.at
netpol.at
Beitragsbild: Walter Skokanitsch
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