Andreas Buhr: „Lieber unperfekt beginnen als perfekt zögern“

18. Oktober 2022
Warum Kunden mittlerweile selbst Experten sind, wie die Führungswelt der Zukunft aussieht und warum es heute wichtiger denn je ist, unser „Why“ zu finden, weiß Business-Guru Andreas Buhr.

Wann ist man ein Businessexperte?

Wenn man sein ganzes ­Leben nichts anderes gemacht hat als Business. Nach mehr als 35 Jahren als Vollblutunternehmer, Top-Speaker und Erfolgsautor gibt es wohl kaum jemanden, der die Businesswelt besser kennt als Andreas Buhr. Egal, ob wir CEO eines Start-ups, Einzel- oder Großunternehmer, Freelancer oder Angestellter sind: Verändertes Kundenverhalten, veränderte Märkte und zunehmende Geschwindigkeit auf allen Ebenen stellen uns Tag für Tag vor neue Herausforderungen. Andreas Buhrs Ziel: Menschen zu mutigem Handeln motivieren, sie vom Know-how ins Do-how bringen. Live erleben kann man den Business-Guru am 24. November beim FRESH ­CONTENT Congress in Wien. Einen Vorgeschmack auf die Themen seines Vortrags liefert er hier.

Foto: Jörg Brandt

Was ist der Hauptunterschied, warum Business heute so anders ist als früher?

Der Kern vom Kern ist für mich, dass es auf der Welt kein Geheimwissen mehr gibt. Sprich, alles, was ich an Info recherchieren will, kann ich mir auf irgendeine Art und Weise besorgen – sei es über Vergleichsportale, Google, Social Media, Amazon oder andere Wege. Fürs Business bedeutet das: Bevor ein Kunde mit mir als Unternehmen ins Gespräch kommt, gab es davor bereits sieben bis elf Touchpoints, also elektronische Berührungspunkte. Eventuell findet sogar das Kennenlernen elektronisch, also ohne persönlichen Kontakt, statt. Durch die vielfältigen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ist der Kunde heutzutage selbst Experte. Er stellt bessere Fragen, ist kritischer als früher. Fühlt er sich nicht gut behandelt, kauft er womöglich woanders. Wodurch der Verkäufer ihn im Business ganz anders einbauen muss. Beide Seiten gehen erwachsener, elaborierter und souveräner miteinander um. Was bleibt, ist der Tante-Emma-Effekt: Am Ende kaufen doch Menschen von Menschen, es geht also immer noch um eine emotionale Entscheidung. Nur der Zugangsweg hat sich verändert. Hat man früher noch geklingelt, gefaxt oder gemailt, bieten sich Kunden heute viel mehr Wege zum Verkäufer.

Welchen Herausforderungen müssen wir uns noch stellen?

Der nächste Punkt betrifft den Führungsbereich. Da besteht in Österreich und Deutschland ein demografisches Problem: Menschen haben eine höhere Lebenserwartung, es gibt immer weniger Junge und mehr Alte. Zwei von drei, die jetzt älter sind als 45, werden in 15 Jahren nicht mehr berufstätig sein. Junge Leute, die jetzt in Führungspositionen kommen, sind anders, fitter ausgebildet als die Alten. Damit tauchen in der Führungswelt plötzlich neue Aspekte wie ­Homeoffice, Führen auf Distanz, Work-Life-Balance, Sabbaticals und Auszeiten auf. Privatleben und Berufs­leben werden heutzutage anders kombiniert. Der Kern vom Kern in diesem Bereich: Früher bist du in ein Büro, in eine Agentur gegangen, wo die Arbeit dort auf dich gewartet hat.

„Der Kunde ist heutzutage selbst Experte. Er stellt bessere Fragen, ist kritischer als früher.“
Andreas Buhr

Heute ist die Arbeit durch das Smartphone bei dir. Sprich, nicht wir gehen zur Arbeit, sondern die Arbeit ist bei uns. Wodurch wir – zumindest in vielen Berufen – von überall aus arbeiten können. Das ändert die Arbeitswelt fundamental. Es gibt flachere Hierarchien, weniger transaktionale Führung. Stattdessen wird mehr das Team mit einbezogen, es wird demokratischer und kooperativer, transformaler geführt. Es wird auf die Mannschaft gesetzt und auf Ergebnisse geschaut. Heute hat man schon in jungen Jahren die Verbindung zwischen Freizeit und Arbeitswelt, die Dinge sind verzahnter. Ob diese Entwicklung gut ist, kann ich nicht sagen – weil es immer auch eine Typfrage ist. Es gibt Menschen, die kommen zum Beispiel mit Homeoffice überhaupt nicht zurecht.

Zu diesen Veränderungen kommt noch die allgemeine weltweite Unsicherheit, mit der wir in den letzten Jahren leben mussten …

Genau, das ist ein weiterer Aspekt. Es geht immer mehr ums „Find your why“ – gerade in einer Zeit, in der wir mit Faktoren wie Pandemie, Krieg, steigenden Energiepreisen, genereller Ungewissheit konfrontiert sind. Wir leben in einer VUKA-Welt (volatil, unsicher, komplex und ambivalent). Die Dosis der Veränderung, die tagtäglich auf uns einprasselt, ist für die meisten Menschen zu viel. Man kann nicht mehr so planen wie früher, Burnout ist allgegenwärtig. In dieser Welt muss ich mich fragen: Wie finde ich meinen Sinn, wie halte ich Kurs, was tue ich für mein Mindset, für meine Motivation, morgens aus dem Bett zu springen?

Was sind die Hauptbereiche, in denen Unternehmer zum Umdenken gezwungen sind?

Sinn und Zweck der Existenz eines Unternehmens ist, das Leben von Menschen zu verbessern, das Leben meiner Kunden angenehmer zu machen. Dafür braucht es Gewinn, sprich, das Unternehmen muss profitabel sein – denn nur dann kann ich das auch nächstes Jahr noch machen. Der Einzige, der mein Business am Leben erhält, ist der Kunde. Als Unternehmen muss ich deshalb da vertreten sein, wo der Kunde ist. Ich muss es ihm so leicht wie möglich machen, Kunde zu werden und Kunde zu bleiben. Der Kunde bestimmt die Geschwindigkeit der Veränderung.

„Sinn und Zweck der Existenz eines Unternehmens ist, das Leben von Menschen zu verbessern. “ Andreas Buhr

Als Unternehmer bin ich gezwungen, mich laufend auf das geänderte Kaufverhalten einzustellen und meinen Betrieb bestmöglich darauf auszurichten. Die reale und die Internet-Welt verschmelzen immer mehr miteinander. Die Aufgabe ist, diese Verbindung optimal hinzubekommen – ganz egal, ob ich Klein- oder Großunternehmer bin. Die wichtigsten Themen nochmals zusammengefasst: Kaufprozesse, Führung (letzten Endes sind Mitarbeiter auch Kunden) und das Verschmelzen von Online- und Offline-Welt.

Welche Aspekte werden sich in Zukunft noch ändern?

Als Unternehmer wird man mit Veränderungen im Tagesgeschäft umgehen müssen, gezwungen sein, kurzfristiger zu planen. Menschen wollen nicht mehr so langfristig organisieren und planen. Und: Wir müssen Lernende bleiben und Handlungshelden sein. Also lieber unperfekt beginnen als perfekt zögern.

Ihr Buch gilt als Business-Bibel und Nachschlagewerk mit mehr als 90 Business-Hacks. Kann davon jeder profitieren, vom Einzelunternehmer bis zum Großkonzern?

Mein Gedanke dahinter: Wir können nicht in Konserven lernen. Ich kann kein Problem vorhersehen, das ich eventuell in einem Jahr habe. Probleme entstehen ja währenddessen, laufend. Und Probleme sind nichts anderes als Möglichkeiten, Lösungen dafür herbeizuführen. Ich ­bezeichne mein Buch als eine Art Wikipedia für mehr Erfolg im Business. Zu jedem möglichen Problem, das ich gerade habe, bzw. zu jeder Frage, vor der ich stehe, finde ich darin eine Lösung bzw. Antwort. Ich lese mir beispielsweise Business-Hack 79 durch, kann dann nach­sehen, was als Nächstes passieren kann, und lande dann zum Beispiel bei Hack 51. Mein Ziel war, damit ein Meisterwerk abzuliefern für jeden, der beruflich erfolgreich sein will. Wer dieses Buch besitzt, hat immer Antworten auf nahezu alle Fragen, die unternehmerisch auftauchen können. Egal, ob ich nun eine selbstständige Karriere verfolge oder Angestellter bin. Denn Mitarbeiter sind ja häufig auch wie Unternehmer im Unternehmen. Zwar läuft die Bezahlung anders ab – aber mache ich in einem Angestelltenverhältnis meinen Job nicht gut, wird mein ­Gehalt auch irgendwann nicht mehr bezahlt.



Interview: Anja Fuchs


https://www.fresh-content-congress.com/

::: Der Congress für Unternehmer und Führungskräfte :::

 

Donnerstag, 24. November 2022 | 9–18 Uhr | Aula der Wissenschaften Wollzeile 27 / 1o1o Wien

 

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Beitragsbild: Jörg Brandt

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