3.000 bis 7.000 Mal Werbegeschrei

02. Juni 2015
„Content Marketing ist Bullshit“, ließ Amir Kassaei, DDB Kreativchef einst provokativ verlauten und wird deshalb gerne zitiert. Was nur ein Werber sagen darf, wurde aber kürzlich beim ersten Business-Club des Forum Corporate Publishing in Wien mehrfach widerlegt. Drei Keynote-Speaker zeigten unter dem Motto „Content takes the Lead“, wo in Sachen Kunden-Kommunikation der Hammer hängt.

Zehn Mitglieder zählt das Forum Coporate Publishing in Österreich, und gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz haben sich insgesamt mehr als 100 Agenturen zum FCP zusammengeschlossen. Dennoch war schon der erste Business-Club in Wien, der kürzlich in den Räumen der APA über die Bühne ging, ein voller Erfolg, den Vorstand FCP Österreich Christine Starmühler für sich verbuchen kann. Vor etwa 70 interessierten Medienmachern und Marketingverantwortlichen startete Dr. Christian Fill als stellvertretender Vorsitzender des FCP und Geschäftsführer von C3 creative code & content GmbH aus München die Referate-Reihe.

APA-PictureDesk GmbH/Schedl

DR. CHRISTIAN FILL (APA-PictureDesk GmbH/Schedl)

Dass wir mitten in einem Wandel der Kunden-Kommunikation sind, kann eindeutig belegt werden. Das FCP erstellt alle zwei Jahre eine Basisstudie, um Veränderungen in der Branche feststellen zu können, und, so Fill, „bei fast 90 Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum sind Corporate Publishing und Content Marketing ein Thema“! Insgesamt 5,8 Milliarden Euro geben im deutschsprachigen Raum jährlich Unternehmen für Corporate Publishing (CP) und Content Marketing (CM) aus. Herausragend dabei: In den letzten zwei Jahren sind sowohl im Bereich Print als auch digitale Medien deutliche Investitionssteigerungen zu verzeichnen. Allein in Österreich sind das 18 Prozent.

Die Frage, warum Inhalte wesentlich seien, stelle sich längst nicht mehr: Eine Marke, so Christian Fill, sei nichts mehr ohne Inhalte. Da wir täglich 3.000 bis 7.000 Werbebotschaften pro Tag (!) empfangen, müsse eine Marke „emotional, anfassbar und dialogorientiert“ gestaltet werden.

„Wer Inhalte beherrscht, gibt im Content Marketing den Ton an.“ (Christian Fill)

„Jetzt“ sei die Ära der Inhalte, denn Content sei der „Kleber, der die Wertschöpfungskette zusammenhält“. Genauso wichtig sei es, die gleichen Geschichten überall zu erzählen: „Paid, Owned und Earned Media wachsen zusammen“ und es gelte, Synergieeffekte und Rückkopplungen sinnvoll zu nutzen und selbstverständlich digitale und crossmediale Technologien einzusetzen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist für Fill die Tatsache, dass Kreativität und Technologie Hand in Hand gehen müssen: Mediale Kreativität, journalistisches Können und analytische Kompetenz bedingen „absolute Teamarbeit“.
Sein letzter Hinweis auf der To do-Liste betrifft einen dringenden Nachholbedarf: Nur 42,9 Prozent der befragten Unternehmen im deutschsprachigen Raum arbeiten mit einer CM- und CP-Strategie. Denn Content wird erschaffen, vermarktet, gemessen, analysiert … und dann fehle meist der Schritt zur Optimierung, also:

„Sie brauchen eine Content-Strategie!“

Am Case Deutsche Telekom verdeutlichte Fill abschließend, dass wir es hier nicht mit einem kurzzeitigen Hype zu tun haben. Von einem schlanken Eventprogramm ausgehend – die Konzerte wurden vom Magazin „Electronic Beats“ begleitet – entwickelte die Dt. Telekom crossmedial Popjournalismus zwischen Kunst, Musik und Events. Von der Website über das Magazin, einen TV-Kanal, Fanpages und Social Media bis hin zu Slices reicht zurzeit der weitgespannte CM-Bogen.

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TOBIAS DENNEHY (APA-PictureDesk GmbH/Schedl)

Ebenso Aufsehen erregend zeigte sich der Case des zweiten Keynote-Speakers Tobias Dennehy. Am Beispiel Siemens verwies der Münchner vor allem kleinere Medienunternehmen auf die Plätze. Die Dimension eines eigenen Newsrooms für Dutzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lässt so manche, die mit einer Handvoll Leute ihr Auslangen finden müssen, erblassen.
Mit Nachdruck erinnerte Dennehy daran, dass CM und CP nicht nur schnell, reaktiv und offen für die Zielgruppe sein müsse, sondern dass Content unbedingt auch „nachprüfbar und anfassbar“ sein müsse – authentisches Storytelling eben. Nach einer Nachhilfestunde in puncto Spannungsbogen einer Geschichte wischt er einen möglichen Kundenwunsch vom Tisch:

„Der Held der Geschichte kann nie ein Produkt sein, der Held ist immer ein Mensch.“

 

APA-PictureDesk GmbH/Schedl

MAG. CLEMENS BERGER (APA-PictureDesk GmbH/Schedl)

Den Case checkit.card präsentierte schließlich unser Auftraggeber für das checkit.magazin Mag. Clemens Berger aus Kundensicht. Die Jugend-Ausweiskarte des Landes Steiermark wurde aufgrund einer Umfrage, die vor 17 Jahren unter steirischen Jugendlichen stattfand, eingeführt. Diese Vorteilskarte wurde zunächst mit einem vierteljährlich erscheinenden Printmagazin gekoppelt, dann mit einem monatlichen Newsletter und mit einer Website. Es folgten APP und gut ausgesuchte Präsenz in Sozialen Medien. Letztere bezeichnete Berger für seine Zwecke als „nive to have“, „halbgare Auftritte“ aus Ressourcenmangel auf Instagram und dergleichen wolle er vermeiden: „Wichtig ist ein Mix, in dem wir Content gut anbieten können“.

Jugendkommunikation print und digital

Dass das Printmagazin nach wie vor seinen Fixplatz in diesem Mix einnimmt, steht für Clemens Berger außer Frage. „Wir wollen auf viele Arten an unsere Zielgruppe herantreten“, außerdem haben Umfragen den hohen Bekanntheitsgrad des Printmagazins bestätigt. Ein weiterer Vorteil sei, dass man über das persönlich adressierte Printmagazin „auch an die Erziehungsberechtigten herankommt“ und diese nicht von der Kommunikation ausgeschlossen seien, was über die digitalen Kanäle jedoch der Fall ist. „Mit unserem Mix aus digitalen Medien und Printmedium können wir gewährleisten für die Zielgruppe das breiteste Portfolio anzubieten“, schloss Berger seine Ausführungen.

Der erste Business-Club des FCP in Österreich wurde am kleinen Buffet bei angeregten Gesprächen gemütlich ins Finale geführt – der nächste FCP-Streich lieferte auch bereits Gesprächsstoff: Das Print-Fachmagazin INHALT befindet sich in der Planungsphase.

CLAUDIA RIEF-TAUCHER

FORUM CORPORATE PUBLISHING
Das Forum Corporate Publishing (FCP) ist in Europa der größte Verband von Verlagen und Agenturen, die jahrelange Erfahrung im Bereich Corporate Publishing und Content Marketing vorweisen können und an ihre Arbeit höchste Qualitätsmaßstäbe anlegen. Er wurde 1999 gegründet, die Geschäftsstelle ist München.  Zu den Mitgliedern in Österreich zählen: Albatros Media, Corporate Media Service, Egger & Lerch, Jager PR, RG Verlag, Starmühler Agentur & Verlag, Styria Multi Media Corporate, VGN-Verlagsgruppe News sowie APA picturedesk.

Forum Corporate Publishing

 

Beitragsbild: v. li.: Mag. Christine Starmühler, Mag. Clemens Ganner (GF APA-Picture Desk), Mag. Clemens Berger, Dr. Christian Fill, Tobias Dennehy (APA-PictureDesk GmbH/Schedl)

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