Bitte nur nicht Comic Sans!
„Und wenn möglich, auch von der Helvetica die Finger lassen“, legt Mag. Pamela Geyer, ihres Zeichens Layouterin in der m4! MediendienstleistungsgmbH, Hobbygrafikern ans Herz.
Und diese tun gut daran, unserem Profi zu glauben, denn Pamela ist einer jener guten Geister, die unseren Fresh Content immer wieder wunderbar in Szene setzen (z. B. Magazin des Thermenland Steiermark Echt*Zeit). Im Interview verrät sie außerdem, warum man bei der Gestaltung von Kundenmagazinen oft mit dem Corporate Design seine liebe Not hat und Soho ihr Typ ist.
Was ist der Unterschied bei der Gestaltung einer werblichen und einer redaktionellen Seite?
Grundsätzlich keiner. Es geht immer darum, Text(e) und Bilder so harmonisch wie möglich in Szene zu setzen, sodass jeder gerne hineinliest. Die spezielle Herausforderung beim Corporate Publishing ist mitunter das Corporate Design (CD) einer Firma, für die wir ein Magazin machen. Die Kunden wollen ihre optische Linie natürlich auch darin verwirklicht sehen. Nur ist das nicht immer einfach, denn bei der Entwicklung von derlei Designs wird manchmal nicht daran gedacht, dass damit einmal ein Magazin gestaltet werden soll. Und eine Schrift, die sich z. B. perfekt auf einer Visitenkarte oder einem Briefpapier macht, ist für den längeren Lauftext kaum bis gar nicht verwendbar. Als Grafiker versucht man in so einem Fall, die Kundin/den Kunden so behutsam wie möglich davon zu überzeugen, für das Magazin etwas über den CD-Tellerrand rausblicken.
Gibt es so etwas wie einen gestaltungstechnischen Kardinalfehler?
Einen? Hunderte! Naja, vielleicht nicht ganz so viele. Aber dazu gehören sicher unleserliche Schriften zu verwenden, Textwüsten zuzulassen, eine Seite mit Bildern zuzupflastern (ohne einen großen Eyecatcher geht gar nichts), einen Inseratenfriedhof zu produzieren, die Grafik nicht auf das Magazinformat abzustimmen und und und.
Wie viele Schriftarten verträgt eine professionell gestaltete Seite?
Hier gibt es eigentlich keine genaue Vorgabe. Sofern es sich um ein herkömmliches Magazin, also um kein Kunstmagazin, handelt, liegt die Schmerzgrenze bei drei, die sich aber natürlich miteinander vertragen müssen: eine für den Titel, eine für den Vorspann und eventuell eine für den Lauftext. Gibt es eine Bildunterschrift, nimmt man dafür gerne so genannte Schnitte von einer bereits verwendeten Schrift, d. h. man macht sie z. B. fett oder schmäler. Im Trend liegen derzeit Serifenschriften wie die Soho – übrigens eine meiner persönlichen Lieblingsschriften. Reduziert, aber effektvoll ist auch die Gotham.
Welche Schrift geht gar nicht?
Comic Sans MS, eindeutig! Auch die Helvetica reißt heute keinen mehr vom Hocker – an der hat man sich einfach sattgesehen.
Welches Magazin ist für dich gestalterisch ein Vorzeigebeispiel?
Hochprofessionell auf dem österreichischen Markt sind sicher der Red Bulletin und das Servus Magazin. Cool ist auch das amerikanische Magazin WIRED. Die lehnen sich grafisch auch immer wieder gerne weiter raus.
Gibt es jemanden, der wegweisend für deine Arbeit ist? Einen Grafik-Guru?
Nein. Es kochen alle nur mit Wasser.
Dafür gibt’s aber heute ganz, ganz viele engagierte Hobbygrafiker/innen?
Oh ja, sicher auch deshalb, weil Profiprogramme wie Indesign oder Photoshop heute leistbar sind.
… d. h., ihr habt weniger Arbeit, weil die Kunden schon tolle Layouts bzw. Grafiken liefern?
Weniger ist gut. Leider ist’s meist umgekehrt. Häufig sind die Ideen zwar nett, aber aus professioneller Sicht nicht umsetzbar. Diplomatie ist also wieder angesagt.
Wie wird man Grafikerin?
Entweder, indem man auf der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert, oder indem man den Beruf „Fachmann/frau für Mediendesign“ lernt – auch etwas für talentierte Quereinsteiger/innen. Allerdings ist das Tätigkeitsfeld nach Abschluss der Ausbildungen etwas unterschiedlich. Wer die Uni absolviert hat, findet sich meist im Designbereich als Konzeptionist/in, Artdirector/in etc. wieder, wir sind die Corporate Publishing Spezialisten ;-)).
Und dein Werdegang?
Ich hab hier im Haus Mediendesign gelernt, davor Deutsch und Englisch Lehramt studiert.
Hast du als Germanistin dann auch mehr Verständnis für die schreibende Zunft?
Ja, sicher. Optimal läuft’s, wenn sich Redakteurinnen/Redakteure und Grafiker/innen auf eine Linie einigen, jeder die Professionalität des anderen respektiert und dennoch dessen Meinung gelten lässt.
Weißt du eigentlich schon im Vorhinein, wie eine Magazinseite aussehen wird?
Ein klares Jein! Es gibt Fälle, in denen man sofort eine Idee hat und dann welche, wo eine Seite „working in progress“ entsteht. Man macht da oft zwei, drei Varianten, tauscht sich mit den Kolleginnen und Kollegen oder den Redakteurinnen und Redakteuren aus. Als sehr hilfreich hat sich auch erwiesen, Meinungen von Leuten einzuholen, die in die Geschichte überhaupt nicht involviert sind. Bei einem Logo ist es nicht anders: Das kannst in 15 Minuten haben oder einen Monat dabei sitzen.
ANDREA KREUZER
Mag. Pamela Geyer ist Layouterin und Teamleiterstellvertreterin in der m4!MediendienstleistungsgmbH & Co KG, Standort Klagenfurt.
Foto: Rich Vintage/istockphoto
Gute Antworten.
Nur bei der Helvetica erhebe ich Einspruch:
Helv. light RICHTIG eingesetzt ist DER zeitlose Klassiker – reißt mich und noch viele andere noch immer vom Hocker
lgs