Friendly Focus: die Reportage im Content Marketing

16. Oktober 2014
Vom „G’schichtldruckn“ war in unserem Blog bereits die Rede. Nun ist uns durchaus bewusst, dass der Begriff grundsätzlich negativ konnotiert ist: Wird er doch in der österreichischen Umgangssprache als lässiges, wie wohl eher nett gemeintes Synonym für „Lügen erzählen“ gebraucht. Schade, wie wir meinen, denn es reicht, ihn zu splitten und man versteht, warum er im Hinblick auf unsere Arbeit positive Assoziationen weckt. Wer nämlich „Geschichten druckt“, bringt Farbe, Freude und Spaß in den Alltag. Die perfekte Textsorte dafür? Die Reportage, ganz klar. 

Schreibtisch adé. So nimmt man die Leser/innen mit auf einen Spaziergang mit der Biobäuerin durch ihren duftenden Rosengarten, lässt die User am Spaß teilhaben, den der Familienausflug in den Abenteuerpark mit sich bringt, oder begibt sich auf Spurensuche in die künstlerische Heimat eines erfolgreichen Malers. Wie mit einer Kamera fängt man vor Ort all das ein, was für die Story relevant ist, lässt Menschen zu Wort kommen, die untrennbar damit verbunden sind. Unerlässlich dafür: eine ausgiebige Recherche zuvor, viel Feingefühl im Umgang mit (potenziellen) Interviewpartner/innen, eine professionelle Sichtung des Materials hinterher sowie letztlich der spannende Aufbau des Textes.  Eine Reportage ist also eine aufwändige G’schicht und niemals in fünf Minuten erledigt – im klassischen Journalismus ebenso wie im Content Marketing und Corporate Publishing.

Kritik mit Fingerspitzengefühl. Was charakterisiert aber nun die Reportage als Textsorte im CM/CP? Es ist das Gefühl für die Dosierung von Pro und Contra, die die Redakteurin bzw. der Redakteur an den Tag legen muss. Will heißen, dass kritische Aspekte durchaus beleuchtet werden können, allerdings mit einem Augenzwinkern präsentiert werden, sodass sie letztlich positiv konnotiert sind. Beispiel gefällig? Gerne: Eine Reportage zum Thema „Urlaub am Bauernhof“ für das Kunden- und Mitgliedermagazin des Landring Weiz  begann mit dem Zitat „Alle fahren in coole Clubs in den Süden und wir müssen hier am Arsch der Welt Urlaub machen!“ Alles andere als ein Kompliment, keine Frage. Durch die anschließende Erklärung der Bäuerin wird es aber zu einem solchen. Sie erzählt nämlich, dass den Ausspruch ein Teenager getätigt hat und diese junge Dame letztlich aber so begeistert von der Oststeiermark war, dass sie mit ihren Eltern mehrere Jahre lang dort Urlaub machte.

Urlaubsfeeling. By the way: Dieser „Friendly Focus“ gilt selbstverständlich auch für Reisereportagen – einer Grauzone der Textsorte im Bereich des klassischen Journalismus. Es wäre schließlich unsinnig, den Massentourismus zu thematisieren, wenn man Lust auf eine bestimmte Urlaubsdestination machen will. Schaut man genau hin, so finden sich auch hier genug Beispiele für „Positives Contra“. Um nur eines herauszugreifen: Unter dem Titel „All-Inklusive-Urlaub für Naturliebhaber“ war es kein Problem, auch von den Schlangen zu erzählen, die sich auf den Wegen eines All-Inklusive-Clubs in Bulgarien gerne sonnten (bzw. es heute sicher nach wie vor tun). Der Grund dafür: In direkter Nachbarschaft der Anlage befindet sich ein großes Naturschutzgebiet, das für seinen Artenreichtum bekannt ist. Und da den Reptilien der Maschendrahtzaun zwischen den Grundstücken logischerweise mehr als egal ist und die asphaltierten Wege wunderbar warm sind, schauen die Tierchen eben ab und zu vorbei – schleichen sich freilich aber auch sofort, wenn sie einen Menschen-Schritt spüren.

Gute Manieren wieder gefragt. Last but not least ist es uns ein Anliegen, einen Punkt anzusprechen, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: die guten Manieren! Ohne Freundlichkeit, Respekt und Geduld den Interviewpartner/innen gegenüber wird man nämlich nie die heiß begehrten „Sager“ bekommen, die letztlich jeder Reportage Würze verleihen, wie „Holz ist sexy“ (ein Bauer zum Thema Forstwirtschaft) oder „Die Kinder sagen’s frei raus: ,Des stinkt aber‘!“ (eine Therapeutin über die Sole, die zur Behandlung von Hautkrankheiten im Thermenland Steiermark verwendet wird).

Cooles Storytelling! G’schichtln sind also im CM/CP alles andere als Lügen. Fresh Content entsteht durch die positiven Geschichten, auf die man im Rahmen der Reportage stößt. Sie sind es, die „gedruckt“ werden (online freilich im übertragenen Sinn). Und wer sich nach wie vor mit der „G’schichtldruckerei“ nicht anfreunden kann, weicht am besten auf die „Trend-Varianten“ des Begriffs aus und betreibt cooles „Storytelling“ oder „Narrative Writing“.
Somit ist dann auch die negative Konnotation schnell Geschichte!

ANDREA KREUZER

Foto: julien tromeur/Fotolia

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