„Ich brauche keine Moral-Apostel!“ – Von Lifestyle-Blogs und Arme-Leute-Essen

09. August 2016
Food- und Lifestyle-Blogger Mag. (FH) Michael Krist lässt die Herdplatten glühen und kein Thema rund um die Küche anbrennen. Wir fragten nach, was ihm sicher nicht in den (Blog-)Topf kommt und welche Lieblingsspeise auf seinen Teller.

1.) Du betreibst seit ca. einem halben Jahr den Food- und Lifestyle-Blog auf kitchen-news.at. Was unterscheidet Kitchen-News von anderen Food-Blogs?
Der große Unterschied zu „gewöhnlichen“ Food Blogs ist jener, dass sich Kitchen-News nicht nur auf Rezepte alleine beschränkt. Vielmehr ist es das erste Magazin im deutschsprachigen Raum (in Blogform organisiert) seiner Art, welches sich an alle passionierten Küchenliebhaber/innen richtet. So etwas gibt es in dieser Form noch nicht, da es bisher keine Plattform gab, die sich rein den Themen rings um die Küche widmet. Rund um Produkte, Rezepte, Must-haves, Reisen, Gastronomie, aktuelle Trends, Lebensmittel, Einrichtung & Dekoration, Ernährung & Gesundheit sowie ausführliche Produkttests werden spannende Berichte aus der fantastischen Welt der kulinarischen Genüsse präsentiert. Hilfreiche Tipps wie Tricks helfen den Leserinnen und Lesern dabei, hinter die Kulissen zu blicken sowie mit validem Know-how die eigenen Kompetenzen auf die nächste Stufe zu bringen. Ganz nach dem Motto: „Genuss – Begeisterung – Leidenschaft – heiße Herdplatten“.

2.) Kitchen-News ist auch der Unternehmensblog der Fressbox, einem Shop für Küchenutensilien im Center West Graz. Wie werden die Themen ausgesucht, wer sucht sie aus und unter welchen Gesichtspunkten passiert das? Stichwort: Kooperationspartner

Die Fressbox ist der – von rechtlicher Seite gesehen – „Inhaber/Besitzer“, jedoch ist Kitchen-News ein vom Shop unabhängiges Magazin. Die Themen überschneiden sich zwar an gewissen Stellen mit dem Portfolio der Fressbox, jedoch passiert die Auswahl der Themenschwerpunkte auf eigenständiger Basis. Hier ist mir natürlich besonders wichtig, dass es zum einen aktuelle Themen sind, die zur Saison passen bzw. Entwicklungen/Neuigkeiten am Markt treffen. Darüber hinaus ist alles erlaubt, was kulinarisch relevant ist und vor allem Spaß macht. Ob es nun Produkttest sind, Berichte über Gastronomie oder Lebensmittelkunde. Der große Vorteil mit der Fressbox im Hintergrund ist der einfache Zugang zum Küchen-Equipment bzw. zur lokalen Showküche. Wenn ich eine Idee habe, weiß ich, wo ich die notwendigen Arbeitsmaterialen beziehen und ausprobieren kann. So entwickelt sich schon mal aus einem einfachen Know-how-Bericht ein ausgelassenes Schaukochen für die Kunden im Shop im Center West. Der weitere Vorteil ist, dass ich auf einen breiten Fundus an Kontakten aus Gastronomie, Handel sowie Vertrieb zurückgreifen kann.

3.) Bringen die Kitchen-News der Fressbox mehr oder neue Käufer/innen? Erschließt er ihr damit möglicherweise neue Kundenkreise oder Altersschichten?

Das ist schwer messbar. Der Grundgedanke war eigentlich anders rum. Mit dem Magazin soll den Kunden der Fressbox ein zusätzlicher Mehrwert geboten werden, über Produkte und deren Verwendungsmöglichkeiten das eigene Wissen zu vertiefen. Das bedeutet, wir sprechen unsere Kunden auf unseren Blog an und auch ein Flyer ist hier in Vorbereitung.

 

„Im Normalfall spürt man sofort, welches nun echte Meinungen sind und wo ein wenig schöngeredet wird.“

 

4.) Wen siehst du als die typischen Blog-Leser/innen der Kitchen-News? Wen wollt ihr ansprechen?

Kitchen-News richtet sich vor allem an den lifestyle-orientierten Leser. Aber auch passionierte Hobbyköche können noch viel Neues bei uns entdecken. Ob es nun neue Produkte sind, oder auch Lebensmittel, Rezeptideen bzw. Veranstaltungen. Mit Kitchen-News möchte ich neben Kompetenz auch die Leichtigkeit des Seins und des bewussten Konsums vermitteln sowie den Horizont erweitern (natürlich auch meinen eigenen, denn mit jedem Bericht lerne ich unglaublich viel).

5.) Unter bekannten Lifestyle-Bloggerinnen wurde kürzlich beim Fifteen-Seconds-Festival die Beziehung der Bloggerin/des Bloggers zu den Leserinnen und Lesern als „eine Art Freundschaft“ bezeichnet, bei der das Leser-Vertrauen wichtig sei. Wie stehst du zu diesem Thema? Stellst du dir beim Schreiben des Blogs eine/n Freund/in als Gegenüber vor?

Ich glaube, das Wichtigste bei Blogs ist, dass sie eine persönliche Note im Schreibstil enthalten. Texte, die aus dem Leben geschrieben sind, sind meist sympathischer, authentischer und ehrlicher. Mir ist es hier auch ein großes Anliegen, dass Kitchen-News nicht als „Kommerz-Magazin“ eingestuft wird. Alles, was veröffentlicht wird, sind persönliche Meinungen, Erfahrungen und Eindrücke. Im Gegensatz zu manchen Blogs kann man sich bei uns die Meinung bzw. textlichen Passagen nicht kaufen. Wenn ich z. B. über ein Produkt schreibe, dann, weil ich selbst damit gearbeitet bzw. es ausprobiert habe. Und gerade darin spiegelt sich diese „Freundschaftsbeziehung“ in Blogs. Der/die Leser/in bekommt einen Bericht mit Charakter. Ich frage mich beim Schreiben immer, wie ich den Text gerne lesen würde, damit ich nicht schon nach der ersten Zeile weiterklicke bzw. versuche, immer etwas mehr Info als nur oberflächliches Krimskrams hineinzupacken.

6.) Die bekannten Blogger/innen sind wichtige Influencer, was Unternehmen wissen und nützen. Auch die Influencer haben selbstverständlich Vorteile dadurch, dass sie Produkte und Marken präsentieren. (Wie) Geht das mit einem Vertrauensverhältnis zusammen und vor allem mit dem großen Leserwunsch nach Authentizität?

Gerade in unserer heutigen Zeit der Schnelllebigkeit sind Blogs eine wichtige Informationsquelle, die unterhaltsam und kompetent gleichermaßen sein soll. Inwieweit Blogs „vertrauensvoll“ sind, also die eigene Meinung der Blogger wiederspiegeln, muss sich der/die Leser/in selbst erlesen. Sicherlich gibt es einige schwarze Schafe, die von Unternehmen vorgegebene Texte zitieren, jedoch eine umso größere Anzahl an validen Schreiberlingen, die die notwendige Authentizität besitzen. Im Normalfall spürt man sofort, welches nun echte Meinungen sind und wo ein wenig schöngeredet wird.

„Food- und Rezepte-Blogger ersetzen zunehmend das klassische Kochbuch.“

 

7.) Blogheim.at listet aktuell 1379 österreichische Blogs. Ist die Form des Blogs in deinen Augen ein Trend der Gegenwart und wie zukunftsträchtig ist dieser?

Blogs haben im Gegensatz zu „stationären“ Medien den großen Vorteil, dass sie zum einen stets am Puls der Zeit sind und es sie zu den meisten Themen gibt. Trotz steigender Digitalisierung, Vernetzung und Social Media verliert unsere Gesellschaft (leider) dennoch an einigen Stellen den persönlichen Kontakt zueinander. Blogs steuern dem ein bisschen entgegen, da eben echte Menschen hinter ihnen stehen, die alle einen besonderen Charakter und ganz eigene (Lebens-)Erfahrungen wie Passionen haben – und mitteilen.

8.) Wie schätzt du ganz allgemein die Relevanz dieser Content-Form ein?

Ich glaube, dass Blogs eine wichtige Ergänzung in der Berichterstattung, Inspiration und Weitergabe von Informationen darstellen. Entscheidend sind die persönlichen Vorlieben der Leser sowie der „richtige“ Mix. Besonders für Unternehmen sind Blogs (nicht firmeneigene) ein nicht zu unterschätzendes Marketinginstrument, da viele Blogger eine enorme Reichweite generieren können und teilweise sogar Rockstar-Prestige genießen, wie zum Beispiel Stina Spiegelberg mit www.veganpassion.de. Leser können jedoch nicht immer ganz sicher sein, wie valide die vermittelten Infos auch sind (ist bei Massenmedien auch nicht immer so). Food-/Rezepte-Blogger ersetzen zunehmend das klassische Kochbuch, da deren Gerichte erprobt sind (hoffentlich meistens :-)), die Fotos ein echtes Gericht zeigen (viele Food-Blogger machen zudem fantastische Bilder) und jede Info, jedes Rezept, das ich gerade brauche, zur Verfügung steht. Zudem dienen die Blogs als Inspirationsquelle und ich kann als Leser zu mehreren unterschiedlichen Themen Infos einholen, ohne gleich zehn Bücher kaufen zu müssen.

9.) Generell wird ja in der Branche der Vlog bzw. das Einbauen von Videos in Blogs immer wichtiger. Wird das die Art des Bloggens verändern?

Videos sind besonders beliebt, da sie die Inhalte komprimierter und emotionaler präsentieren. Die Vlogs werden auch in Zukunft eine wichtige Komponente darstellen. Da sie ein fester Bestandteil des Bloggens sind, stehen sie in kontinuierlicher Wechselwirkung mit dem klassischen Schreib-/Lese-Blog. Ich selbst sehe mir natürlich oft auch viel lieber ein Video an, wenn ich keine Lust mehr habe zu lesen und trotzdem unterhalten werden möchte. Zudem macht es ja ungeheuer Spaß, den Menschen hinter den Blogs beim Wirken zuzusehen. Was gibt es denn Schöneres, als die Entstehungsgeschichte eines Rezeptes zu verfolgen? So weiß der Leser wirklich genau, wie es gelingt.

10.) Bist du selbst ein Blog-User? Wenn ja, welche sind deine Favoriten?

Ich bin auf den unterschiedlichsten Blogs unterwegs, zum Beispiel cookingitaly.de, lobsterandswan.com und Sinnenrausch – DEN Lieblingsblog gibt es nicht, aber ich habe ganz klar meine Favoriten. Diese ändern sich natürlich auch, je nachdem mit welcher Thematik ich mich in meinem Leben bzw. auf meinem Blog auseinandersetze. Auf manchen bin ich regelmäßig aktiv, manch andere schlummern mal eine Zeit und werden dann wieder „aktiviert“, manche finde ich einfach nur schön.

11.) Zurück zum Food-Blogging: Ernährungs- und damit verbundene Lebensstile werden heute von manchen fast schon zu einer Religion erhoben bzw. als moralische Statements verstanden. Wie beurteilst du diese unterschiedlichen „Ernährungslager“ – von „Fleischeslust“ bis Veganismus – und ist als Blogger dein eigener Lebensstil relevant?

Ich möchte Leser ansprechen, die offen für Neues sind und mit Respekt auf andere Menschen zugehen. Ich brauche keine Moral-Apostel – ich finde kritischen Input wichtig, aber ich brauche keinen, der mir sagt, nur seine Welt sei richtig. Vieles, was punkto Ernährungsstile im Trend liegt, wird von manchen zu extrem betrieben. Hier bleibt die Leichtigkeit des Genusses auf der Strecke und auch das Hineinspüren in sich selber. Auch als Blogger möchte ich mir dieses Leichtigkeit erhalten, offen für Vieles bleiben und persönlich versuche ich, jedem Lebewesen mit Respekt zu begegnen.

Kitchen-News12.) Dürfen wir deine Lieblingsspeise(n) erfahren?

Also ich bin ja ein totaler Fan der einfachen Küche, oder – wie meine Oma sagte – vom Arme-Leute-Essen. Ich steh zum Beispiel irrsinnig auf Haferflocken-Brei mit ein paar Früchten oben drauf. Ansonsten bin ich (als Barista) natürlich ein absoluter Fan von Kaffee. Was für viele Menschen der Wein ist, so kann ich Stunden damit verbringen, über die Bohnen zu philosophieren, unzählige Zubereitungsarten auszuprobieren und zu experimentieren. Ausgiebige Feldforschungen gehören da natürlich dazu.

MAG. (FH) MICHAEL KRIST ist Absolvent des Studiengangs Gesundheitsmanagement im Tourismus (FH Joanneum, Bad Gleichenberg), ehem. Hoteldirektor sowie –  nach eigenen Angaben – „Philosoph und Freigeist“. 

 

 

www.kitchen-news.at

www.fressbox.at

 

CLAUDIA RIEF-TAUCHER

 

Bilder: Michael Krist/Kitchen-News

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