Die Heldenreise im Storymarketing: ein universelles Erfolgsmuster?
Fresh Content zeigt, wie man erfolgreich die Heldenreise eines Produkts erzählt. Möge die Macht der Geschichten mit dir sein!
Marin County, Kalifornien, 1983. Nicasio ist eine kleine, ländliche Gemeinde eine Stunde nördlich von San Francisco. Eingebettet zwischen sanft dahinwogenden Hügeln liegen ein paar vereinzelte Farmen und Ranches, von der Hauptstraße aus sieht man vielleicht noch eine Kirche.
Eine alte Straße, die Lucas Valley Road – benannt nach einem Großgrundbesitzer aus dem 19. Jahrhundert – führt erst noch tiefer in die Abgeschiedenheit, um dann abrupt an einem Prachtbau zu enden. Es ist die Skywalker Ranch und an diesem Sonntag findet hier ein Treffen der Giganten des Geschichtenerzählens statt.
Als George Lucas das Drehbuch zur Star-Wars-Trilogie schrieb, orientierte er sich explizit an dem Konzept der Heldenreise von Joseph Campbell. Und heute trifft er ihn endlich, den Mann, den er “seinen Yoda” nennt. Auf Lucas Ranch werden sie intensiv über Storytelling diskutieren und Campell wird der erste sein, der alle drei Star-Wars-Teile hintereinander sieht.
Von einem, der auszog …
Aber gehen wir zuerst einen Schritt zurück. Was ist die Heldenreise und was hat sie mit Star Wars zu tun?
Schon im Alter von sieben Jahren begann Joseph Campbells Interesse an anderen Kulturen mit einer Faszination für die Mythen amerikanischer Ureinwohner. Diese Faszination wurde im Laufe der Zeit zu wissenschaftlicher Neugierde – beeinflusst von der Tiefenpsychologie Carl Jungs forschte er später nach kulturübergreifenden, universellen Strukturen in Mythen.
In seinem Buch Der Heros in tausend Gestalten fasste er all das schließlich im Konzept der Heldenreise zusammen – eine Reihe von Stationen, die von Helden in praktisch allen großen Geschichten der Welt durchlaufen werden. Campbell, geboren 1904, erlebte Weltkriege und Weltwirtschaftskrisen.
In seiner Arbeit verfolgte er wahrscheinlich auch deswegen eine Idee ganz besonders: Wir sind gar nicht so unterschiedlich, egal wo und wann wir geboren wurden. Die gleichen Bedürfnisse steuern uns und die gleichen Geschichten bewegen uns.
George Lucas war wie besessen von Campbells Ideen. Er erkannte: Wer erfolgreiche Geschichten erzählen will, orientiert sich am besten an dem, was seit Tausenden Jahren in unser Gehirn einprogrammiert ist. Daher schrieb er ein Drehbuch über einen jungen Helden, der seine Heimat verließ, einen Mentor traf, unterwegs Verbündete sammelt und sich in einer Entscheidungsschlacht der figurgewordenen Schattenseite seiner selbst stellt.
Das Treffen mit dem Mentor
Dank Lucas‘ Erfolg verbreitete sich die Idee der Heldenreise in Hollywood. Jetzt wurden auch andere Berufsfelder wie Marketing darauf aufmerksam. Wie aber setzt man die Heldenreise für die Markenkommunikation um?
Zunächst stellt sich die Frage: Wer ist der Held? Wer der Mentor? Und welche Moral hat die Geschichte? Es lassen sich zwar mit dem Grundgerüst der Heldenreise hervorragende Geschichten erzählen. Aber ob diese Geschichten dann auch etwas über die Marke aussagen, ob sie genau die richtigen Gefühle vermitteln, oder emotional am Publikum “vorbei schießen”, das ist nicht gesichert.
Wer also nicht nur eine gute Geschichte erzählen will, sondern eine gute Markengeschichte, braucht wie Luke Skywalker einen weisen Mentor. Am besten einen Mentor wie Alexander Christiani, Storytelling-Experte und Inhaber des Deutschen Instituts für Storymarketing.
Christiani hat ein geniales Modell der Heldenreise entworfen, in dem Kunde und Marke klar verteilte Rollen einnehmen. Damit lässt sich die Markengeschichte so erzählen, dass auch wirklich das transportiert wird, was man dem Publikum vermitteln will. Wir fassen die wichtigsten Punkte hier zusammen:
Das Geschenk des Mentors: die Heldenreise nach Christiani
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- Der Kunde ist der Held der Markengeschichte. Am Anfang der Geschichte muss er aber erst zum Helden werden – indem er sein Dasein als hilfloser Konsument hinter sich lässt und zu einem selbstbestimmten Bürger aufsteigt.
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- Die Marke ist der Mentor, der den Helden auf seiner Reise motiviert und begleitet. Für den Zusammenhalt der Geschichte braucht es eine klare Stimme des Mentors. Der Mentor muss daher zu einer konkreten Figur mit Identifikationspotential entwickelt werden.
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- Das größte Identifikationspotential haben die Charaktere, die auf Archetypen basieren. Archetypen sind nach C. G. Jung psychische Grundmuster, die in unserem Unbewusstsein vorhanden sind. Beispiele dafür sind etwa die Große Mutter, der weise alte Mann, das Kind oder der Trickser.
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- Nur als verständliche Individuen können Held und Mentor – Kunde und Marke – in eine persönliche Beziehung treten. So wird vermieden, dass von einer namenlosen Autorität auf den Kunden eingeredet wird.
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- Wichtig in der Heldenreise ist das Überschreiten der Grenze. Die magische Welt, in die der Kunden-Held dann reist, ist die Welt der Marke. Das kann das rustikale Flavor Country des Marlboro-Manns sein, aber auch die vernunftbetonte Welt der VW-Autowerbung, in der grelles Imponiergehabe beim Autokauf keine Chance hat.
Die Moral von der Geschicht‘?
Wer die Struktur der Heldenreise effektiv umsetzt, hat die Möglichkeit Kunden auf höchstem Niveau zu unterhalten und zu binden. Erfolgreiche Beispiele gibt es dazu genug.
Ein Beispiel: In der Heldenreise-Station des Geschenk des Mentors an den Helden erhält der Held ein wichtiges Werkzeug, mit dem er zukünftige Prüfungen besteht. Starbucks zum Beispiel gab uns als Mentorgeschenk den “dritten Ort” des Starbucks Café – eine Art mobiles zweites Zuhause, in dem eine Mischung aus Produktivität und Entspannung herrscht.
Noch ein Beispiel ist Doves Real Beauty-Kampagne. Hier teilt der Kunden-Held nach der Rückkehr mit dem Schatz diesen mit seiner Gemeinschaft. Der Schatz, den Doves Kunden teilen, ist Selbstbewusstsein, Akzeptanz und gesellschaftliche Veränderung. Die Gemeinschaft ist auf Social Media aber auch im Freundeskreis angesiedelt.
Die Möglichkeiten, die Heldenreise in der Markenkommunikation einzusetzen, sind vielfältig. Also stellt sich eigentlich nur noch eine Frage: Und wohin geht Ihre Reise?
Mehr Informationen
Alexander Christiani
Alexander Christiani, Inhaber des Institut für Storymarketing, ist einer der erfolgreichsten Präsentations-Coaches Deutschlands. Zu seinen Kunden zählen Vorstände der Telekom genauso wie zahlreiche Ministerpräsidenten.
Er wurde als einer der Ersten zum Trainer des Jahres gewählt (2001), ist Mitglied im Club 55 der erfolgreichsten Marketing- und Verkaufsexperten, die ihn bereits mehrfach als besten Speaker ausgezeichnet haben.
Mehr vom Meister selbst gibt es in unserer dreiteiligen Reihe zu Storytelling. Christiani verrät hier die drei Schritte für eine perfekte Story und wie man Storytelling im Unternehmen einsetzt. Hier geht es zu Teil 1.
Beitragsbild: pixabay/Couleur